Speierling: Alles über das Wildobst
Schon mal einen Speierling gesehen? Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen Vogel, sondern um einen relativ seltenen Baum, dessen kleine, apfelähnliche Früchte sich sogar verzehren lassen. Wir verraten dir, wie du sie verarbeiten kannst und viele weitere interessante Fakten rund um den Speierling.
Was ist ein Speierling?
Der Speierling ist ein Baum, der schon im Mittelalter eine Rolle als Kulturpflanze spielte, zwischenzeitlich jedoch in Vergessenheit geriet und in Deutschland sogar fast ausgestorben war: Als er im Jahr 1993 zum Baum des Jahres gekürt wurde, gab es hierzulande nur noch circa 4.000 Exemplare. Regional kennt man den Speierling auch als Sperberbaum, Spreife, Spierapfel oder Sporapfel. Als Speierling wird er, historischen Quellen zufolge, hierzulande erst seit 1340 bezeichnet. Es wird vermutet, dass der Wortstamm „sper“ darin steckt, weil Speere aus dessen Holz hergestellt wurden.
Botanische Einordnung und Herkunft des Speierlings
Er wächst auf Streuobstwiesen und wird auf den ersten Blick oft mit einem nahen Verwandten verwechselt – kannst du ahnen, welcher es ist?
Botanik: Speierlingbaum und Frucht
Der Speierling (lateinisch Sorbus domestica) gehört zur Familie der Rosengewächse und zur Gattung der Mehlbeeren – das erklärt, weshalb er der Eberesche (Sorbus aucuparia) so stark ähnelt, sodass er oft mit ihr verwechselt wird. Der Speierling trägt die typischen gefiederten Blätter der Eberesche, hat jedoch eine viel rauere Borke, die der eines Birnenbaums gleicht. Wenn er frei steht, entwickelt der Speierling eine ausladende, runde Krone. Er wächst sehr langsam, wird bis zu 15 Meter groß und unter idealen Bedingungen bis zu 150 Jahre alt. Sein Laub färbt sich im Herbst wunderschön gelb-orange, im Frühjahr bildet der Speierling weiße Schirmrispen. Die Früchte des Baums erinnern an eine Mischung aus Äpfeln und Birnen, werden jedoch nur circa vier Zentimeter lang und zwei Zentimeter dick. Zunächst sind sie gelb-grün, mit der Zeit werden sie jedoch rötlich und später sogar braun.
Wo kommt der Speierling her?
Es wird vermutet, dass der Speierling von den Römern über die Alpen zu uns gebracht wurde. Abgesehen von der Eibe lieferte er nämlich das härteste Holz, welches sich zum Beispiel für den Bau von Weinpressen und Musikinstrumenten eignete. Doch auch wegen seiner Früchte, aus denen Wein und Saft hergestellt wurde, war der Speierling beliebt. Selbst Karl der Große soll die Bäume angebaut haben. Die lateinische Bezeichnung domestica lässt darauf schließen, dass er schon früher in vielen Gärten kultiviert wurde. Heute wächst der Baum vor allem in Italien, Südfrankreich und auf der Balkanhalbinsel – der Speierling liebt Licht und Wärme. Bei uns findet man ihn deshalb vor allem in Weinbauregionen, generell ist er hierzulande jedoch nicht sehr verbreitet.
Sind Speierling-Früchte gesund?
In den Früchten des Speierlings steckt eine ordentliche Portion Vitamin C, außerdem Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Mangan und Eisen. Aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe wurde er früher bei Magen- und Darmbeschwerden verabreicht, das belegen Überlieferungen aus alten Medizinbüchern.
Anbau und Ernte des Speierlings und seiner Früchte
Der Speierling ist, vorwiegend in jungen Jahren, ein eher sensibles Gewächs, weshalb er immer wieder vom Aussterben bedroht ist.
Speierling-Anbau
Die jungen Bäume benötigen sehr viel Licht und wachsen dennoch ziemlich langsam – im Schatten größerer Bäume haben sie also kaum eine Chance, wenn sie nicht von Menschenhand freigestellt werden. Zudem liebt Wild seine zarten Triebe, weshalb es häufig zu Verbiss kommt. Der Speierling ist ein Wildobstbaum, der nirgends in großem Stil kommerziell angebaut wird.
Speierling: Ernte und Saison
Gegen September fallen die Früchte des Speierlings vom Baum, doch dann sind sie noch immer zu bitter und hart. Doch in den Wochen danach reifen sie nach, werden süßer und können schließlich verarbeitet werden. Je rauer das Klima, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Früchte ihre bitteren, adstringierenden Eigenschaften behalten.
So kannst du einen Speierlingbaum im Garten pflanzen
Du kannst dem Aussterben des Sorbus domestica etwas entgegensetzen, indem du einem Exemplar ein Zuhause in deinem Garten gibst. Damit schaffst du zusätzlich eine Lebens- und Nahrungsgrundlage für zahlreiche Insekten, die diesen Baum lieben. Der Speierling benötigt einen sonnigen, trockenen Platz mit viel Licht und wenig Niederschlag – in Hamburg dürfte er eher schlecht gedeihen, jedoch bespielsweise am Oberrhein hat er gute Chancen. Er mag trockene, kalkhaltige Böden lieber als saure und sandige. Hier ein paar Tipps zum Anbau:
- Gegebenenfalls die Wurzeln mit einem Drahtkorb vor Wühlmäusen schützen.
- Wer am Waldrand wohnt, sollte junge Bäume außerdem von hungrigem Wild abschirmen.
Welche Speierling-Sorten gibt es?
Es gibt drei bekannte Sorten, die sich zum Kultivieren eignen:
- Speierling – „Bovender Nordlicht“: Ein ziemlich kleinbleibender Baum, der schon früh viele Früchte trägt. Diese sind birnenförmig und leuchten gelb bis rot.
- Speierling – „Christophs Apfel“: Eignet sich für den kommerziellen Anbau, bleibt ebenfalls klein (wird nur etwa fünf Meter hoch) und bildet apfelförmige Früchte.
- Speierling – „Sossenheimer Riese“: Ebenfalls eine ertragreiche Sorte, die etwas größer wird als die beiden anderen. Die Früchte sind apfel- bis birnenförmig und rotbackig.
Einkauf und Lagerung von Speierling-Früchten
Kann man in den Genuss der Speierling-Früchte kommen, wenn man keinen Baum im Garten hat? Hier kommt die Antwort.
Wo kann man Früchte des Speierlings kaufen?
Da der Speierling nicht kommerziell angebaut wird, bekommst du die Früchte vielleicht von einem Bauernhof mit Streuobstwiese.
Lagerung von Speierling-Früchten
Wenn die Früchte geerntet wurden, sollten sie an einem trockenen, kühlen und luftigen Ort bis zu 20 Tage lang nachreifen dürfen, manche Sorten benötigen sogar bis zu zwei Monate. Danach können sie roh verzehrt oder verarbeitet werden.
So kannst du die Apfelfrüchte des Speierlings zubereiten
Wenn du Speierling-Früchte zu Hause hast, kommen hier ein paar Ideen zur Zubereitung.
Kann man Speierling-Früchte roh essen?
Aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe schmecken die Früchte des Speierlings zunächst ziemlich bitter. Erst nach der Genussreife empfiehlt es sich, in eine rohe Frucht zu beißen, wenn sie braun, weich und eigentlich überreif ist.
Speierling-Früchte zu Kompott verarbeiten
Solo schmecken die Früchte zu sauer und zu bitter, in Kombination mit Quitte, Apfel oder Birne lassen sich jedoch aromatische Gelees, Kompott und Marmeladen herstellen. Übrigens: Auch bei der Herstellung von Apfelsaft spielt der Speierling manchmal eine Rolle, er wird zur Klärung und Haltbarmachung hinzugefügt.
Apfelwein aus Speierling
Durch die Zugabe von ein wenig Speierlingssaft wird seit dem 18. Jahrhundert auch Apfelwein veredelt, das Getränk wird dadurch aromatischer, klarer und länger haltbar. Vor allem in der Apfelwein-Region Hessen trinkt man gerne „Speierling“, wobei sicher nicht jeder weiß, dass es sich hierbei nicht um eine Apfelsorte, sondern um eine eigene Frucht handelt. Für die Veredelung von Apfelwein werden die sauren, noch nicht ganz reifen Früchte verwendet, die noch viele Gerbstoffe enthalten. Denn diese verleihen dem eigentlich trüben Apfelwein seine klare, goldgelbe Farbe und die herbe Note.