Dein Kind lässt sich nicht trösten? Diese Tipps helfen!
Wie verhältst du dich richtig, wenn dein Kind schreit und sich nicht beruhigen lässt? Viele Eltern stehen in solchen Momenten vor einer Herausforderung. Mit unseren Tipps lernst du, Ruhe zu bewahren, die Bedürfnisse deines Kindes zu erkennen und dein Kind liebevoll zu trösten.
✔️in Zusammenarbeit mit Jennifer Günther, Elterncoach
So erkennst du psychischen Stress bei deinem Kind
Reizbarkeit und kleine Wutanfälle zeigen sich bei jedem Kind und müssen nicht grundsätzlich ein Signal für psychischen Stress sein. Lese hier, woran du ihn erkennst und welches Maß normal ist.
Wie äußert sich psychischer Stress bei Kindern?
Psychischer Stress bei Kindern kann sich auf unterschiedliche Weise zeigen. Typische Anzeichen sind häufiges Weinen, Rückzug, Reizbarkeit oder Schlafprobleme. Manche Kinder wirken plötzlich unruhig, aggressiv oder klammern sich stärker an Bezugspersonen. Auch körperliche Symptome wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit können Hinweise auf Stress sein. Wichtig ist, die Signale ernst zu nehmen, aufmerksam zuzuhören und dem Kind Sicherheit zu geben. Ein stressfreies Umfeld, feste Routinen und liebevolle Zuwendung helfen, die psychische Belastung zu reduzieren.
Wann sind Wutanfälle bei Kindern nicht mehr normal?
Wutanfälle sind bei Kindern Teil der normalen emotionalen Entwicklung, besonders im Kleinkind- und Vorschulalter. Sie werden problematisch, wenn sie sehr häufig auftreten, extrem heftig sind oder das soziale Miteinander stark beeinträchtigen.
Anhaltende Aggression, Zerstörungswut oder das wiederholte Verletzen von sich selbst oder anderen sind Warnsignale. Auch wenn ein Kind trotz klarer Grenzen nicht zur Ruhe kommt, kann professionelle Unterstützung sinnvoll sein. Eltern sollten in solchen Fällen frühzeitig mit Kinderärzten oder Psychologen sprechen, um die Ursachen abzuklären und gezielte Hilfe zu erhalten.
Warum lässt sich mein Kind nicht trösten?
Diese Situation kennt fast jedes Elternteil: Dein kleiner Schatz weint und will sich einfach nicht beruhigen lassen. Das Trösten scheint fast unmöglich und das Kind reagiert kaum bis gar nicht auf deine Versuche. Es steigert sich stattdessen immer weiter in die negativen Emotionen hinein.
Das kindliche Gehirn reagiert auf alles Ungewohnte
Es gibt einen Teil unseres Gehirns, den sogenannten Hypothalamus, der für unser Überleben zuständig ist. Er steuert das Nervensystem und überwacht die Körperfunktionen. Jede Abweichung vom Normalzustand wird von ihm als Bedrohung wahrgenommen und löst automatisch eine Reaktion aus, die wir nicht bewusst beeinflussen können. Ist uns zum Beispiel kalt, zittern wir oder haben wir Angst, erhöht sich der Herzschlag. Diese Reaktion dient dem Entgegenwirken der bedrohenden Situation. Erst einige Momente später schaltet sich der Neocortex ein, der vernünftige Teil unseres Gehirns. Dieser prüft, ob die Abweichung wirklich gefährlich und die Reaktion angemessen ist oder ob wir uns wieder entspannen können.
Wenn ein Kind weint oder sehr wütend ist, erkennt der Hypothalamus dies als Abweichung vom Normalzustand und reagiert. Bei Kindern kann die Reaktion einen Anstieg des Cortisolspiegels auslösen, was wiederum den Neocortex ausschaltet. Es hat also keine Möglichkeit, die Situation zu prüfen und sich direkt wieder zu entspannen. Ganz im Gegenteil: Meist führt das dazu, dass die Kleinen mit Kampf oder Flucht reagieren. Auch das Sprachzentrum ist nahezu funktionsunfähig. Deshalb bringen Kinder in solchen Situationen oft keine zusammenhängenden Worte mehr heraus. Das macht es sehr schwierig, sie zu trösten.
Bei Stress hören Kinder Stimmen oft nur gedämpft
Ist dir auch schon mal aufgefallen, dass sich Kinder in besonders stressigen Situationen lieber von Papa als von Mama trösten lassen? Dafür gibt es eine wissenschaftliche Erklärung: Bei Untersuchungen wurde entdeckt, dass sich in Stresssituationen die Muskeln des Innenohrs zusammenziehen können. Das führt dazu, dass Stimmen gedämpft wahrgenommen werden und Kinder fast nur noch tiefe Töne hören können. Dabei handelt es sich um eine Überlebensfunktion unseres Gehirns, die ein Überbleibsel aus der Vergangenheit ist: Selbst in stressigen Momenten sollten wir noch die tiefen Geräusche von Raubtieren wahrnehmen können. Auf jeden Fall ist das eine Erklärung, warum sich Kinder in diesem Zustand oft besser von Männern mit tieferen Stimmen als von Frauen mit höheren Stimmen trösten lassen.
Eine enge Bindung hilft beim Trösten
Allerdings gibt es auch Situationen, in denen sich die Kleinen nur von dem Elternteil beruhigen lassen, zudem sie zurzeit eine stärkere Bindung haben. Das müssen nicht immer Mama oder Papa, sondern kann auch eine andere Bezugsperson sein.
Die Trotzphase
Etwa ab dem 18. Monat, wenn die sogenannte Trotzphase einsetzt, kann es immer häufiger zu Stresssituationen kommen, in denen sich dein Kind nur schwer beruhigen lässt. Wie du mit diesen herausfordernden Momenten umgehen kannst und welche Tricks es gibt, erfährst du in unserem FamilienMoment über die Trotzphase.
So bleibst du ruhig, wenn sich dein Kind nicht trösten lässt
Manchmal ist es gar nicht so einfach, dein Kind aus der Wut, der Traurigkeit oder dem Ärger herauszuholen. Umso wichtiger ist es, das Kind nicht allein zu lassen. Trost spenden hilft nicht nur in diesem Moment, es stärkt auch langfristig die psychische und physische Stabilität. Hier unsere Tipps zum Trostspenden:
- Bewahre Ruhe, auch wenn die Situation dich selbst stresst und beunruhigt.
- Zeige Verständnis für die Situation deines Kindes.
- Erkläre deinem Kind, was passiert ist, ohne das Ganze zu bewerten.
- Nimm dein Kind in den Arm, wenn es das zulässt und möchte. Auch sanfte, wiegende Bewegungen oder das Summen eines Liedes können beruhigend wirken.
- Frage nach, was dein Kind jetzt möchte und wie du ihm helfen kannst.
- Biete Lösungen an, wenn dein Kind nicht in der Lage ist, zu formulieren, was gerade helfen könnte.
- Biete deinem Kind sein liebstes Kuscheltier an. Manchmal hilft das viel mehr als Mama oder Papa.
Es gibt keine perfekte Mama und keinen perfekten Papa. Und das betrifft auch den Bereich des Tröstens. Es ist normal, dass es zu Situationen kommt, in denen einfach nichts zu helfen scheint und auch du am Ende bist. Auch solche Phasen gehören leider dazu.
Trösten, wenn sich dein Kind wehgetan hat
Ein Kind, das Schmerzen hat, schreit, weint oder ist wütend. In solchen Momenten ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und sofortige Hilfe zu leisten.
- Prüfe zunächst, ob die Verletzung ernst und medizinische Versorgung nötig ist. Kleine Blessuren wie Kratzer oder Prellungen können meist mit beruhigender Ansprache und einem Pflaster behandelt werden.
- Zeige deinem Kind Verständnis: Sag ihm, dass es in Ordnung ist, Schmerzen zu haben und dass du da bist, um zu helfen.
- Körperliche Nähe wie ein sanftes Halten oder Streicheln kann beruhigend wirken. Erkläre kindgerecht, was gerade passiert ist, ohne zu werten oder zu schimpfen.
- Manche Kinder möchten nach einer Verletzung einfach nur ihr Kuscheltier oder einen vertrauten Gegenstand, um sich zu trösten. Biete ihm dies unbedingt an.
Auch wenn dein Kind sich nicht sofort beruhigt, bleibt deine ruhige Präsenz der wichtigste Anker. So lernt dein Kind, dass es in stressigen Momenten Sicherheit und Unterstützung bekommt.
Wie kannst du ein überdrehtes Kind beruhigen?
Ein Kind lässt sich oft nur schwer beruhigen, wenn es aufgedreht, aufgeregt oder erschöpft ist. Ruhe, Geduld und klare Strukturen sind jetzt besonders wichtig. Hilfreich sind eine ruhige Ansprache, langsame Bewegungen, ein Lieblingskuscheltier oder sanfte Musik.
Manchmal hilft es, das Kind abzulenken oder eine kurze körperliche Aktivität einzubauen, zum Beispiel einen kleinen Spaziergang oder Dehnübungen. Klare Routinen, feste Schlafenszeiten und genügend Pausen im Alltag können Überdrehtheit vorbeugen und helfen, das emotionale Gleichgewicht deines Kindes langfristig zu stabilisieren.
Einfühlungsvermögen ist besonders wichtig
Wenn wir traurig sind oder uns etwas wehtut, sind Groß und Klein, Mädchen und Jungen alle gleich. Wir wollen, dass unsere Vertrauenspersonen liebevoll damit umgehen und für uns da sind. Nimm dein Kind also ruhig in den Arm und signalisiere ihm dein Verständnis: „Das hat jetzt bestimmt richtig weh getan“ statt „So schlimm ist das doch gar nicht“. Das beruhigt und spiegelt deinem Kind auch gleich noch sein Innenleben, sodass es seine Gefühle besser kennenlernt und versteht. Denke daran, dass solche Situationen wichtige Erfahrungen für dein Kind sind.
Entwickle Trost-Rituale
Viele Eltern entwickeln mit ihrem Kind ein Trost-Ritual, zum Beispiel den Schmerz wegzupusten oder die Stelle zu küssen. Vielleicht kleben sie auch noch ein buntes Pflaster darauf oder alle kuscheln ein wenig mit dem Lieblingsstofftier des Kindes. Dieser einfühlsame Umgang reicht oft schon vollkommen aus, um deinen Sonnenschein zu beruhigen.
Wenn es aber besonders schlimm ist, kann es auch nicht schaden, ein spannendes Buch zur Hand zu haben, um dein Kind auf andere Gedanken zu bringen. Auch eine Überraschung wie ein kleines Spielzeug, die Aussicht auf ein Eis oder etwas Süßes können Wunder wirken. Und schon sind die Tränen vergessen und der trubelige Familienalltag kann weitergehen.
Kleine Unglücke passieren allen Kindern
Je älter dein Kind wird, desto schneller und häufiger tut es sich weh: Es schürft sich beim Fahrradfahren das Knie auf oder stößt sich beim Spielen den Kopf an. Solche Momente gehören zum Alltag.
Zum Glück ist der Schreck meist schlimmer als der Schmerz. Um die Krokodilstränen deines Lieblings zu trocknen, sind vor allem deine Nähe und dein Verständnis wichtig. Hilfreich kann aber auch eine kleine Notfall-Trost-Ausrüstung sein, die dein Kind ein wenig ablenkt.
Du brauchst:
- Motivpflaster
- Lieblingsstofftier
- Bilderbuch
- kleines Spielzeug
- Eis oder Süßigkeit
Weinen und Tränen gehören zum Großwerden dazu und sind ein wichtiger Schritt zur eigenen Selbstwahrnehmung. Sich selbst zu fühlen und zu spüren sind wesentliche Elemente, damit dein Kind seine Gefühlswelt kennenlernen kann. Begleite es liebevoll durch diese Situationen, damit es lernt, auf sein eigenes Körpergefühl zu hören und zu achten. Elterncoach Jennifer Günther
Elterncoach
Jennifer Günther berät und begleitet Eltern als Coach zu allen Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und Erziehungsfragen. Mit den „milo Eltern- & Babykursen” in Köln und Hürth ist sie mit ihrem Team auch vor Ort für Eltern da. In Videos, Podcasts oder Blogartikeln wird sie oft als Expertin interviewt und gibt wertvolle Hilfestellungen für den Familienalltag. Sie unterstützt den Kinderschutzbund und Jugendämter im Bereich der frühen Hilfen und Präventionsangebote.