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Wann fremdeln Babys? Gründe & Tipps

Dein Kind fremdelt? Auch wenn es für dich sehr anstrengend ist, kannst du beruhigt sein – denn das ist ein normaler und wichtiger Entwicklungsschritt. Wir zeigen dir, wie du mit dem Fremdeln deines Kindes umgehst und geben Tipps, wie du es in dieser wichtigen Phase unterstützen kannst.

✔️ in Zusammenarbeit mit Jennifer Günther, Elterncoach

Definition

Was bedeutet „fremdeln”?

Plötzlich will der Nachwuchs nicht mehr zu anderen und hängt stark an dir? Dieses sogenannte Fremdeln ist vollkommen normal. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen Entwicklungsschritt im Leben deines Kindes, der zudem ein Zeichen der emotionalen und sozialen Reife ist.

Das Baby erkennt zu diesem Zeitpunkt seine Bezugspersonen. Mit diesen verbindet es Geborgenheit und vor allem Sicherheit. Verlässt eine wichtige Bindungsperson das Blickfeld oder den Raum, entsteht Unruhe und Unsicherheit. Alles, was mit einem Fremden oder jemand anderen als den Eltern zu tun hat, wird von den Kindern abgelehnt – auch körperlich, indem sie sich zum Beispiel die Hände vors Gesicht halten, wegschauen oder andere starke körperliche Abwehrreaktionen zeigen. Auch Tränen können in so einer Situation fließen. 


Zeitpunkt

Wann fremdeln Babys?

Das Fremdeln findet rund um den achten Lebensmonat statt, deswegen wird es von Experten auch „Achtmonatsangst“ genannt. Meist startet es, wenn das Kind anfängt, sich deutlich mehr zu bewegen und durch das Robben oder Krabbeln seinen Radius erweitert. Diese neue Freiheit bedeutet auch neue Ängste. Daher ist die Sicherheit durch die Bezugsperson so wichtig.

Fremdeln alle Babys?

Jedes Baby fremdelt, aber es ist von der Persönlichkeit abhängig, wie stark es das Fremdeln zeigt. Ob ein Baby offensichtlich fremdelt, hängt also von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der individuellen Persönlichkeit des Kindes, seiner Erfahrungen, seiner Umgebung und seiner Beziehung zu den Bezugspersonen. 

Wie lange fremdeln Babys?

Das Fremdeln ist unterschiedlich stark ausgeprägt: Zu fremden Menschen ist die Ablehnung in der Regel größer als zu einer Person, die das Kind im Laufe seines Lebens schon einmal gesehen hat. Das Fremdeln klingt meist im zweiten und dritten Lebensjahr wieder ab, ungefähr zu Beginn der Kindergartenzeit. Wie die Eingewöhnung in den Kindergarten funktioniert, kannst du in unserem FamilienMoment über die Eingewöhnung in die Kita nachlesen.


Gründe

Warum fremdeln Babys?

Im Folgenden gehen wir genauer auf die verschiedenen Gründe ein, die zum Fremdeln führen können.

Fremdeln ist charakter- und entwicklungsabhängig

Insgesamt ist das Fremdeln charakterabhängig. Es ist absolut normal, wenn Kinder unterschiedlich stark reagieren oder auch unterschiedlich lange fremdeln. Manche Kinder sind vorsichtiger und zurückhaltender, andere hingegen sind auch Fremden gegenüber aufgeschlossen und hemmungsloser. Natürlich spielt auch die Entwicklung beziehungsweise der Entwicklungsstand deines Kindes eine Rolle. Je nachdem wie weit es ist, tritt das Fremdeln nicht so stark auf wie bei anderen Kindern oder setzt vielleicht früher ein. Grundsätzlich fremdelt aber in seiner Entwicklung jedes Kind.

Fremdeln als Schutzmechanismus

Fremdeln hilft Kleinkindern, zwischen Vertrautem und Fremdem zu unterschieden. Sie sind in einem Alter, in dem sie eine natürliche und gesunde Distanz gegenüber Unbekannten entwickeln. Der Hintergrund hierfür liegt in der Evolution: Ein Misstrauen gegenüber dem Fremden half Kindern früher, zu überleben. Somit ist das Fremdeln also sowohl ein Schutzmechanismus als auch eine Sicherheitsgarantie.

Fremdeln aus Trennungsangst

Gleichzeitig ist das Fremdeln Ausdruck der Trennungsangst von der Bindungsperson. Das Kind hat in den ersten Monaten seines Lebens gelernt, wer es versorgt und seine Bedürfnisse stillt. Die Bezugspersonen waren ein Hort der Verlässlichkeit und der Geborgenheit. Ist diese Person plötzlich weg, greift bei dem Baby die Angst um sich, dass es allein gelassen wird.

Später wird das Kind alles, was es in der Beziehung gelernt hat, nach und nach auf mehr Menschen beziehungsweise auf all seine zwischenmenschlichen Beziehungen ausweiten. Am Anfang ist sein Vertrauen aber auf die Person konzentriert, bei der Geborgenheit und Versorgung gesichert sind.

Fremdeln als Zeichen einer innigen Beziehung

Wenn du irritiert oder vielleicht auch genervt von der Anhänglichkeit deines Kindes bist, ist das einerseits verständlich. Anderseits kannst du beruhigt sein, da es sich hierbei um etwas ganz Normales handelt. Und es ist auch ein Lob an dich! Denn dein Kind zeigt dir damit, dass es sich bei dir sicher fühlt. Es hat eine gute und stabile Beziehung zu dir. Es hat dich als Bezugsperson auserkoren und sieht dich als Beschützer und Versorger an.

Diese stabile Situation ist für die weitere Entwicklung deines Kindes sehr wichtig, denn nur aus einer sicheren Position heraus kann es seine Umwelt mehr und mehr entdecken, sich auch fremden Personen gegenüber offen zeigen und sich so zu einer selbstbewussten Person entwickeln.

Können Babys auch bei Papa fremdeln?

Auch wenn ein Baby eine starke Bindung zu seinem Vater hat, kann es dennoch in bestimmten Situationen oder Phasen fremdeln, insbesondere wenn es müde, hungrig oder überreizt ist. In solchen Momenten sucht das Baby Schutz bei der vertrautesten Bezugsperson, welche oft die Mutter ist. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass es keine starke Bindung zu seinem Vater hat. 


Tipps für Eltern

Baby fremdelt: Was tun?

Das solltest du nicht tun

Das Fremdeln ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung deines Kindes. Daher lässt es sich nicht beschleunigen oder abtrainieren. Ignoriere auf keinen Fall die Bedürfnisse deines Kindes. Das heißt konkret: Drücke es einer Person, gegenüber der es gerade fremdelt, nicht einfach in den Arm. Wenn du die Schutzbedürfnisse, die dein Kind hat, ignorierst, verstärkst du seine Angstgefühle. Du solltest es aber auch nicht überbehüten, denn du willst ja, dass es auch Vertrauen zu den anderen Personen aufbaut.

So gehst du mit der Situation richtig um

Fremdeln bedeutet nicht nur, dass ein Kind Angst vor dem Unbekannten hat. Es ist verunsichert und orientiert sich bei seinem Verhalten auch an seinen Eltern, um die Situation besser einschätzen zu können. Gleichzeitig ist das Kind dem Fremden gegenüber neugierig und interessiert. Es betrachtet und erkundet das Neue, sodass es die Angst langsam, aber stetig ablegt.

Wichtig ist, dass du eine Balance findest, wie du mit der Person umgehst. Du bist auch in dieser Situation Vorbild des Kindes und es schaut sich bei dir ab, wie es sich verhalten soll. Zeige ihm also, dass keine Gefahr von der anderen Person oder dem Neuen ausgeht. Zudem stärkst du dein Kind, indem du ihm Sicherheit und Geborgenheit gibst.

Andere aufklären

Doch nicht nur für dein Kind ist die Situation besonders, auch die Menschen, gegenüber denen dein Kind fremdelt, fühlen sich oft vor den Kopf gestoßen. Daher solltest du unbedingt auch den anderen Personen das Verhalten deines Kindes erklären: Es richtet sich nicht speziell gegen sie. Auch wenn die anderen das Fremdeln eigentlich kennen müssen, ist es noch einmal etwas anderes, wenn man selbst davon betroffen ist. Zeige auf, dass es etwas Natürliches ist und auch nur eine Phase während der Entwicklung deines Kindes, die wieder vergeht.

Weitere Tipps zum Vorgehen

  • Nicht lachen: Fremdeln bedeutet, dass dein Kind verunsichert ist und Angst hat. Wenn du über sein Verhalten lachst, verunsicherst du es. Dadurch kannst du die Eltern-Kind-Bindung stören.
  • Geduld: Fremdeln ist eine Phase, die vorübergeht. Auch wenn es schwerfällt, zeige deinem Kind gegenüber Geduld.
  • Frühe Unterstützung: Bist du auf die Hilfe anderer Personen angewiesen, solltest du diese schon sehr früh in den Alltag der Kinder integrieren, sodass diese zu wichtigen Bezugspersonen deiner Kinder werden.
  • Gemeinsame Interaktion: Fremdelt dein Kind einer Person gegenüber, interagiere mit ihr, wenn dein Kind in der Nähe ist, sodass es sieht, dass von der Person keine Gefahr ausgeht.
  • Einbindung: Fremdelt dein Kind gegenüber einer Person, mit der du häufig in Kontakt bist, ist es sinnvoll, diese Person einzubinden, wenn du die Bedürfnisse deines Kindes stillst, zum Beispiel beim Füttern, Baden, Windelwechseln und auch beim Spielen.
  • Positivität: Dein Kind schaut sich sein Verhalten bei dir ab. Sei daher in der Nähe anderer fröhlich und positiv. Wenn du keine Angst hast, hat es auch weniger Angst. 
  • Aufklärung: Verlasse niemals heimlich das Zimmer. Rede mit deinem Kind, bevor du das Zimmer verlässt. Auch wenn es dich nicht versteht, merkt es durch deine Stimmlage, dass nichts Negatives passiert.
  • Übung: Trainiere mit deinem Kind das Alleinsein: Verlasse den Raum, komme kurz danach wieder, bleibe länger weg, dann kehre zurück. Schau zwischendurch, wie dein Kind reagiert.
  • Ermutigung: Letztlich solltest du dein Kind stärken, Neues zu entdecken und Erfahrungen zu sammeln. Sei selbst nicht übervorsichtig oder ängstlich, das überträgt sich auf dein Kind und am Ende willst du auch, dass dein Kind die Welt entdeckt und daran wächst.
Gib deinem Kind Vertrauen, Sicherheit, liebevolles Verständnis und vor allem Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen! Elterncoach Jennifer Günther

Über Jennifer Günther

Elterncoach

Portrait: Jennifer Günther

Jennifer Günther berät und begleitet Eltern als Coach zu allen Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und Erziehungsfragen. Mit den „milo Eltern- & Babykursen” in Köln und Hürth ist sie mit ihrem Team auch vor Ort für Eltern da. In Videos, Podcasts oder Blogartikeln wird sie oft als Expertin interviewt und gibt wertvolle Hilfestellungen für den Familienalltag. Sie unterstützt den Kinderschutzbund und Jugendämter im Bereich der frühen Hilfen und Präventionsangebote.


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