Welche Geburtspositionen gibt es?
Viele Frauen entbinden auf dem Rücken liegend mit angewinkelten Beinen. Allerdings gibt es noch weitere Positionen, die den Geburtsvorgang erleichtern können. In diesem FamilienMoment stellen wir dir die unterschiedlichen Möglichkeiten vor.
✔️ in Zusammenarbeit mit Judith Fuchs, Hebamme
Rücken- oder Seitenlage sind nur zwei Möglichkeiten von vielen
Während der gesamten Geburt kannst du unterschiedliche Positionen einnehmen. Damit du während jeder Phase genau die Stellung findest, die dir guttut, solltest du dich vorab mit allen Positionen vertraut machen. Grundsätzlich haben aufrechte Haltungen gegenüber den anderen viele Vorteile, da der Geburtsvorgang durch die Schwerkraft und das frei bewegliche Becken erleichtert werden kann.
Zu Beginn der Geburt
Wenn die Geburt losgeht, wollen viele Frauen in Bewegung bleiben. Studien belegen, dass eine aufrechte Haltung die Geburtsdauer verringern kann. Zudem reduziert sich dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass eine PDA angewendet werden muss. Die PDA, kurz für „Periduralanästhesie”, ist eine regionale Betäubung während der Geburt.
Hebammen empfehlen, nicht sofort in eine aufrechte Position zu gehen – so ruhst du zu Anfang noch und tankst Kraft. Nach und nach kann eine aufrechte Haltung eingenommen werden. Zu diesen Positionen gehören:
- Gehen: Bewegung, auch ganz sanfte, fördert den Geburtsverlauf. Daher empfehlen Ärzte Schwangeren zu Beginn der Geburt, langsam zu gehen. Jedoch solltest du dies nur tun, solange es nicht zu anstrengend für dich wird.
- hüftbreites Stehen: Wenn du nicht mehr gehen kannst oder eine Pause brauchst, solltest du dich hüftbreit hinstellen. Dabei müssen beide Fersen Bodenkontakt haben. Lasse dein Becken kreisen – auch das hilft dem Geburtsverlauf. Wenn das Stehen zu anstrengend wird, kannst du dich beim Partner anlehnen oder an der Wand abstützen.
- vornübergebeugt: Achte darauf, dass du einen festen Stand hast und lehne dich auf einen Tisch, ein Bett oder ein Fensterbrett. Diese Position ist ideal, wenn du Schmerzen im Lendenwirbelbereich hast.
- in Seilen oder Tüchern hängen: Wenn der Geburtsverlauf bereits fortgeschritten ist, kannst du deine Beine entlasten. Dabei verlagerst du dein Gewicht in die Schlaufe eines von der Decke hängenden Tuches. Wichtig ist, dass du dich dabei gut festhälst. Die Position sollte nicht über eine zu lange Zeit eingenommen werden. Sie eignet sich gut, um mit dem Gehen abgewechselt zu werden.
Für den Abschluss der Geburt
Ist dein Muttermund schon weiter geöffnet und du befindest dich in der Endphase der Geburt, gibt es eine Reihe von idealen Stellungen. Bleibe dabei in einer bodennahen Position.
- Rückenlage: Hierbei handelt es sich um die bekannteste Geburtsposition. Allerdings empfinden viele Frauen diese Haltung als unangenehm. Sie wird häufig in Verbindung mit einer PDA gewählt.
- Seitenlage: Viele Frauen entbinden in dieser Position. Wenn Babys sich noch drehen sollen, ist das eine empfohlene Haltung. Auch nach der Gabe einer PDA oder wenn sich die Schwangere ausruhen möchte, ist die Seitenlage optimal.
- Vierfüßler- oder Kniestand: Dies ist eine sehr beliebte Haltung. Dabei kniest du auf dem Bett oder einer Matte und der Oberkörper ruht vorne, zum Beispiel auf einem Gymnastikball. Achte darauf, dass du während der Geburt einen runden Rücken machst und nicht ins Hohlkreuz fällst. Zwischen den Wehen lässt es sich so gut ausruhen und auch das Becken kann weiterhin bewegt werden.
- Tiefe Hocke: Diese Position ermöglicht, dass der ganze Beckenraum geöffnet wird und das Kind tiefer rutschen kann. Die Schwangere sitzt dabei auf den Fersen oder nutzt einen Gebärhocker. Die Haltung ist sehr anstrengend und sollte daher nicht zu früh im Geburtsverlauf eingenommen werden.
- Sitzen: Auf einem Gymnastikball oder verkehrt herum auf einem Stuhl zu sitzen, also mit dem Bauch Richtung Rückenlehne und der Möglichkeit, die Arme auf der Lehne abzustützen, sind ebenfalls praktische Geburtspositionen. Achte darauf, dass du breitbeinig sitzt. Eine Rückenlehne oder das Abstützen durch deinen Partner können dir die Position angenehmer machen.
Noch mehr Informationen rund um die Entbindung bekommst du in unserem Ratgeber zur Geburt.
Am besten probierst du schon vor der Geburt mit deinem Partner ein paar Positionen aus, um ein Gefühl für die verschiedenen Stellungen zu bekommen. Versuche, während der Geburt auf deinen Körper zu hören. Oftmals bringt ein Wechsel der Position auch eine Schmerzerleichterung mit sich. Hebamme Judith Fuchs
Die Rückenlage ist entspannend, die Seitenlage entlastet das Becken
Jede Geburtsposition hat Vor- und Nachteile. Darauf basierend solltest du entscheiden, welche der Haltungen für dich infrage kommt und welche du aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht ausprobieren möchtest. Deine Hebamme steht dir dabei beratend zur Seite.
Rückenlage
Vorteile:
- Das medizinische Personal hat den Geburtsverlauf bestens im Blick.
- Die Rückenlage ist für die werdende Mutter in den Wehenpausen eine sehr entspannende Position.
- Sie ist nach einer PDA zu empfehlen, da die Beine den Körper nicht tragen müssen.
- Die Rückenlage ist kraftsparender als andere Stellungen.
Nachteile:
- Die Schwangere muss gegen die Schwerkraft arbeiten, was anstrengender ist.
- Der Muttermund kann sich langsamer öffnen.
- Das Becken vergrößert sich nicht so wie in anderen Positionen, was die Geburt verlängern und schmerzhafter machen kann.
- Durch den Druck des Babys auf die Hohlvene kommt es unter Umständen zu Übelkeit oder Kreislaufproblemen bei der Mutter. Im schlimmsten Fall schränkt das die Sauerstoffversorgung des Babys ein.
Seitenlage
Vorteile:
- In dieser Position kann die Frau in den Wehenpausen gut entspannen und zu Kräften kommen.
- Es herrscht kein Druck auf die Hohlvene.
- Die Seitenlage entlastet das Becken.
- Schnelle Geburten können abgebremst werden.
Nachteile:
- Die Schwerkraft hilft bei der Geburt nicht.
- Die Geburt kann schmerzhafter sein und länger dauern.
- Der Geburtskanal ist verengt.
- Das Becken ist durch die Position sehr steif und unbeweglich.
Vierfüßler- oder Kniestand
Vorteile:
- Durch diese Haltung wird die Wirbelsäule entlastet. So entstehen keine Rückenschmerzen oder sie werden abgemildert, falls sie schon vorhanden sind.
- Im Rückenbereich kann der Partner die Schwangere zum Beispiel durch eine Massage unterstützen.
- Die Atmung fällt Schwangeren leichter, auch die Wehen lassen sich so gut veratmen.
- Das Becken ist frei beweglich. Dies beschleunigt unter Umständen die Geburt.
- Insgesamt hat die Schwangere mehr Bewegungsfreiheit und kann eine Position finden, die für sie optimal ist.
- Das Risiko für einen Dammschnitt ist geringer, da auf den Damm weniger Druck ausgeübt wird.
Nachteile:
- Insgesamt ist die Haltung sehr ungewohnt und auf Dauer auch sehr anstrengend.
- Zwar wirkt die Schwerkraft, aber nicht in dem Ausmaß wie zum Beispiel beim Stehen oder in der Hocke.
Stehen
Vorteile:
- Die Schwerkraft wird optimal genutzt, was die Geburt beschleunigen kann.
- Die Wehen sind sehr effektiv.
- Das Becken ist frei beweglich und wird immer wieder entlastet.
- Der Druck auf den Beckenboden ist gering.
- Leichteres Atmen ist möglich.
- Die Position erzeugt kaum bis gar keinen Druck auf den Damm, daher besteht ein geringes Risiko für einen Dammschnitt.
- Im Stehen wird das Baby optimal mit Sauerstoff versorgt.
Nachteile:
- Die Position ist auf Dauer anstrengend.
- Durch die aufrechte Haltung sind Kreislaufprobleme möglich.
Hocke
Vorteile:
- Die Wehen sind sehr effektiv.
- Dank der Schwerkraft kann die Geburt beschleunigt werden.
- Der Ausgang des Beckens ist vergrößert, wodurch das Baby schneller durch den Geburtskanal gleitet.
- Insgesamt kann die Geburt schneller sein.
- Die Sauerstoffversorgung des Babys ist optimal.
- Die Schwangere hat einen festen Halt, da die Füße sicher stehen.
- Das Baby wird meist optimal mit Sauerstoff versorgt.
- Der Partner unterstützt als Träger.
Nachteile:
- Es handelt sich um eine sehr kraftintensive und anstrengende Position.
- Auf Dauer kann sie sehr unbequem sein.
Sitzen
Vorteile:
- Eine schnelle Geburt ist durch die Wirkung der Schwerkraft möglich.
- Das Atmen fällt leicht.
- Das Baby wird meist optimal mit Sauerstoff versorgt.
- Insgesamt hat das Baby beim Geburtsvorgang mehr Platz.
- Die Frau ist in der Position flexibel. Durch das Vorbeugen können Rücken, Beckenboden und Damm entlastet werden.
- Der Damm erleidet wenig Druck, was zu einem geringen Risiko für einen Dammschnitt führt.
- Ein Gymnastikball erleichtert bei einigen Frauen die Geburt, da auch das Becken gekreist werden kann.
- Es gibt Gebärhocker, die dafür sorgen, dass die Position wenig Kraft kostet.
- Der Partner kann zum Beispiel mit Rückenmassagen unterstützen.
Nachteile:
- Es herrscht ein großer Druck, der zu Schmerzen führen kann.
- Treten Presswehen auf, sollte eine andere Position für die Geburt gewählt werden.
Die Wassergeburt
Die Wassergeburt erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit, denn sie gehört zu den sanftesten Arten, deinen Sonnenschein auf die Welt zu bringen. Bei einer Geburt im Wasser kann zwischen verschiedenen Positionen gewählt werden: Neben der Rücken- und Seitenlage ist auch eine sitzende, hockende oder kniende Haltung möglich. Die Geburt des Kindes erfolgt so direkt in das angenehm warme Wasser.
Was spricht für eine Wassergeburt, was dagegen?
Vorteile:
- Das warme Wasser entspannt und macht die Schmerzen erträglicher.
- Viele Frauen empfinden eine Wassergeburt als selbstbestimmter.
- Die Wahrscheinlichkeit für einen Dammriss sinkt.
- Das Baby empfindet weniger Stress, weil es aus dem Fruchtwasser erst einmal in das Wannenwasser gleitet.
- Mutter und Kind sind viel sauberer als bei anderen Geburtsarten.
- Die Schwerelosigkeit des Wassers hilft dem Baby durch den Geburtskanal zu kommen.
Nachteile:
- Im Notfall brauchen die Geburtshelfer unter Umständen länger, um eingreifen zu können.
- PDA oder ähnliche Schmerzmittel können nicht eingesetzt werden.
Vertraue deinem Bauchgefühl
Welche Geburtsposition für dich die richtige ist, entscheidest du selbst. Diese Tipps können dir bei der Entscheidungsfindung helfen:
- Höre auf dein Bauchgefühl.
- Du darfst dich während der Geburt bewegen oder die Position wechseln. Nur du weisst, was dir in dieser Situation guttut.
- Denke an die Schwerkraft: Sie kann helfen, die Geburt zu beschleunigen.
- Ein bewegliches Becken hilft deinem Baby, einfacher und schneller auf die Welt zu kommen.
Auch wenn Mütter sich bereits vor der Geburt für eine Position entscheiden, spüren die meisten während des Geburtsvorgangs, welche Haltung oder Stellung für sie am angenehmsten ist. Diese kannst du dann gemeinsam mit deiner Hebamme oder deinem Geburtshelfer ausprobieren.
Hebamme
Judith Fuchs begleitet als Hebamme Schwangere und ihre Familien während der Schwangerschaft und der Geburt im Geburtshaus sowie zu Hause. Sie steht ihnen außerdem während des Wochenbetts und der Stillzeit unterstützend zur Seite. Eine respektvolle, individuelle und interventionsarme Betreuung sind ihr dabei ein Herzensanliegen. In unseren FamilienMomenten klärt sie als Expertin über alle Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit auf. Judith Fuchs hat selbst zwei Kinder.