Entwicklung des Sehvermögens: Ab wann können Babys sehen?
Babys können schon ab der Geburt sehen, allerdings ist das Sehvermögen noch sehr schwach. Das differenzierte Farbvermögen, die Sehschärfe und das räumliche Sehen entwickeln sich erst im Laufe der Zeit, sodass sich die Lebenswelt deines Kindes immer weiter vergrößert.
✔️ in Zusammenarbeit mit Dr. med. Snjezana-Maria Schütt, Kinderärztin
Ab wann können Babys scharf sehen?
Das Sehen ist ein sehr komplexer Prozess, bei dem Lichtreize über die Augen aufgenommen, in Nervenimpulse umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet werden, wo ein dreidimensionales Bild entsteht. Die Organe und Nervenzellen, die für das Sehen wichtig sind, werden schon in der Frühschwangerschaft ausgebildet.
In den ersten Wochen ist das Sehvermögen deines Babys noch nicht vollständig ausgebildet. Es kann nur wenige Zentimeter weit sehen, etwa so weit, wie das Gesicht der Mutter beim Stillen entfernt ist. Mit jedem Lebensmonat wird das Sehen besser. Dein Baby beginnt, Gesichter zu erkennen, Farben zu unterscheiden und Entfernungen besser einzuschätzen.
Sehvermögen von Neugeborenen
So entwickelt sich das Sehvermögen von Babys in den ersten Lebensmonaten und -jahren.
- Neugeborenes: Neugeborene sehen ihre Umgebung noch sehr verschwommen. Sie erkennen vor allem Hell-Dunkel-Kontraste und schemenhafte Umrisse. Besonders deutlich nehmen sie Gesichter wahr – am besten in einem Abstand von etwa 20 bis 25 Zentimetern.
- zwei Wochen: Nach rund zwei Wochen beginnt sich die Netzhaut langsam weiterzuentwickeln. Babys können erste Gesichter wahrnehmen, doch das Sehen bleibt weiterhin unscharf und kontrastarm.
- ein Monat: Im Alter von einem Monat verbessert sich das Sehvermögen allmählich. Babys nehmen nun einfache Muster und stärkere Kontraste besser wahr. Auch bewegte Objekte werden zunehmend interessant.
- zwei Monate: Mit zwei Monaten können Babys ihre Augen besser koordinieren. Sie beginnen, Personen und Gegenständen gezielt mit den Augen zu folgen, ohne den Kopf zu bewegen.
- drei Monate: Etwa ab dem dritten Lebensmonat entwickelt sich die Lichtempfindlichkeit weiter. Das Gehirn beginnt, die Eindrücke beider Augen zu einem räumlichen Bild zusammenzuführen. Auch die Gesichtserkennung wird deutlicher.
- vier Monate: Das Farbsehen nimmt spürbar zu. Babys erkennen nun verschiedene Farbtöne, Formen und Muster besser. Sie versuchen, nach interessanten Gegenständen zu greifen, während sich die Hand-Augen-Koordination verbessert.
- sechs Monate: Im sechsten Monat ist die Koordination der Augen meist stabil. Babys können nun gezielt Dinge betrachten, ihre Handbewegungen steuern und auf Muster sowie Farben reagieren. Auch die Tiefenwahrnehmung ist weiter gereift.
- zwölf Monate: Nach einem Jahr hat dein Baby etwa 50 Prozent der Sehschärfe eines Erwachsenen erreicht. Es erkennt auch weiter entfernte Gegenstände und kann vertraute Gesichter deutlich von fremden unterscheiden.
- zwei Jahre: Mit zwei Jahren ist das Sehvermögen weiter gereift. Die Tiefenwahrnehmung ist nun ausgeprägter, und Kinder erkennen immer mehr Details in ihrer Umgebung.
- drei Jahre: Dreijährige Kinder verfügen fast über das vollständige Sehvermögen eines Erwachsenen. Feinheiten in Gesichtern, Gegenständen und Bewegungsabläufen werden nun deutlich erkannt. Die visuelle Entwicklung setzt sich bis zum Vorschulalter fort.
So förderst du die Sehkraft deines Babys
Achte bereits in der Schwangerschaft auf eine gesunde Ernährung und verzichte auf Giftstoffe wie Alkohol oder Nikotin, da diese die gesamte Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigen und unter anderem zu Sehstörungen führen können. Ist dein Baby auf der Welt, kannst du das Sehvermögen deines Kindes spielerisch fördern und unterstützen, indem du ihm verschiedene Anreize bietest. Achte auf die individuellen Vorlieben deines Babys und auf seine Signale, um es nicht zu überfordern.
Bist du unsicher oder sollte dein Baby schielen, wende dich frühzeitig an einen Kinder- oder Augenarzt und lass eine Vorsorgeuntersuchung durchführen. Bei Auffälligkeiten, familiärer Vorbelastung oder Frühgeburt empfehlen Experten den ersten Besuch beim Augenarzt bereits ab dem sechsten Lebensmonat. Einige Tipps, die du auf dein Kind und sein Alter abstimmen kannst, findest du hier:
Farben einsetzen
Kontrastreiche Farben wecken das Interesse deines Babys. Die Farbgestaltung und Dekoration im Zimmer darf gerne bunt gestaltet werden. Verschiedene Farben und Muster ermöglichen es deinem Baby, sich von Anfang an mit den unterschiedlichen Schattierungen und Formen auseinanderzusetzen.
Mobiles aufhängen
Auch Mobiles, die aus unterschiedlichen Farben und Formen bestehen und sich bewegen, wecken das Interesse und die Aufmerksamkeit von Babys. Achte darauf, wie dein Baby reagiert, wenn es das Mobile erblickt. Es kann sein, dass es so spannend ist, dass es beispielsweise die Einschlafsituation erschwert.
Kontraste einsetzen
Den Kontrast zwischen hell und dunkel sehen Babys von Anfang an. Sie wenden sich früh einer Lichtquelle zu, die sie mit zunehmendem Alter auch mit den Augen verfolgen. Ein sanftes Licht, zum Beispiel in der Nähe der Wickelkommode, wird die Aufmerksamkeit deines Babys ebenso erregen wie ein Fenster oder das Schattenspiel eines Baumes an der Zimmerwand.
Gegenstände bewegen
Zu Beginn wird dein Baby Gegenstände nur schwer fokussieren können. Doch mit der Zeit wird es Dinge, die sich bewegen, sehr aufmerksam betrachten.
Wenn es in der Lage ist, einen Gegenstand zu fokussieren und du zum Beispiel siehst, dass es seinen Blick auf entferntere Sachen richtet, kannst du deren Standort langsam verändern. So sieht dein Sonnenschein die Dinge aus verschiedenen Perspektiven.
Bauchlage einnehmen
Babys sollten unbedingt auf dem Rücken schlafen. Wenn dein Liebling jedoch wach ist und du in seiner Nähe bist, kann die Bauchlage für spannende Abwechslung sorgen. Denn dadurch sieht dein Baby seine Umwelt in einer neuen Perspektive und schult damit nicht nur seine visuelle, sondern auch die motorischen Fähigkeiten. Achte auch hier auf seine Signale und nimm es hoch, wenn es ihm zu viel wird.
Altersgerechtes Spielzeug auswählen
Kindgerechte Spielsachen können ebenfalls das Sehvermögen fördern. Kontrastreiche Farben sind für dein Baby leichter zu erkennen als sanfte Pastelltöne. Daher bieten sich anfangs Spielsachen in gut unterscheidbaren Grundfarben an, die mit unterschiedlichen Mustern, Formen und Kontrasten die visuelle Wahrnehmung fördern.
Tageslicht nutzen
Tageslicht und der Aufenthalt im Freien sind wichtig und fördern die gesunde Entwicklung des Sehvermögens. Tägliche Spaziergänge sind daher in vielerlei Hinsicht sehr förderlich.
Mit Baby interagieren
Babys lieben Gesichter und sind auf direkte Zuwendung, Ansprache und den Körperkontakt mit ihren engsten Bezugspersonen angewiesen. Durch die Interaktion mit deinem Baby förderst du nicht nur das Sehvermögen, sondern seine allgemeine Entwicklung und sein Wohlbefinden. Denn du und seine anderen Bezugspersonen sind das Wichtigste und Spannendste für dein Baby.
Häufige Fragen über das Sehvermögen von Babys
Wir geben dir die Antworten zu den häufigsten Fragen rund um das Sehvermögen von Babys:
- Können Babys Farben sehen? Zwar verfügt schon das Auge von Neugeborenen über spezielle Zellen, die das Farbsehen ermöglichen. Allerdings braucht es eine gewisse Zeit, bis die Zellen in der Netzhaut ausreifen und das Gehirn die Signale, die es über sie erhält, richtig verarbeiten kann.
- Ab wann erkennen Babys Gesichter? Gesichter erkennen Babys schon von Geburt an, allerdings sehen sie das Gesicht anfangs noch sehr schemenhaft. Erst im Laufe der Zeit können sie mit Zunahme der Sehschärfe Details erkennen und etwa ab dem achten Monat bekannte Gesichter von unbekannten unterscheiden.
- Sind Neugeborene blind? Nein, Neugeborene können schon sehen. Allerdings nehmen sie ihr Umfeld in der ersten Zeit sehr verschwommen wahr. Schwarz und Weiß sowie Kontraste erkennen sie aber bereits..
- Wie weit können Babys sehen? In der ersten Zeit sehen Babys etwa 20 bis 25 Zentimeter weit. Das entspricht dem Abstand, den der Säugling beim Stillen oder beim Fläschchengeben zu deinem Gesicht hat. Alles darüber hinaus ist unscharf. Ab dem dritten Monat nimmt die Sehschärfe langsam zu.
- Wann sehen Babys scharf? Säuglinge lernen von Woche zu Woche, schärfer zu sehen. Etwa bis zum fünften Lebensjahr hat ein Kind die Sehschärfe eines Erwachsenen erreicht.
- Wie lange sehen Babys verkehrt herum? Tatsächlich sehen Babys nicht „auf dem Kopf“, wie oft vermutet wird. Das Bild auf der Netzhaut ist zwar umgekehrt, doch das Gehirn dreht es bereits von Geburt an automatisch. Dies gilt für alle Menschen, nicht nur für Babys.
- Sehen Babys doppelt? In den ersten Lebenswochen kann es bei Babys zu einer Art „doppeltem Sehen“ kommen. Die Augen arbeiten noch nicht perfekt zusammen, sodass das Gehirn die Bilder beider Augen noch nicht zu einem einheitlichen Gesamtbild verarbeiten kann. Etwa bis zum dritten Lebensmonat ist diese Entwicklung meist abgeschlossen. Dann beginnt sich das räumliche Sehen auszubilden und das Gehirn lernt, die visuellen Informationen beider Augen zu einem einzigen, klaren Bild zu verschmelzen.
- Wann öffnet das Baby die Augen nach der Geburt? Viele Neugeborene öffnen ihre Augen bereits in den ersten Minuten nach der Geburt, aber nur kurz. In den ersten Tagen schlafen sie viel und das Licht ist noch ungewohnt. Nach etwa einer Woche sind die Augen dann meist regelmäßig offen.
Seinem Baby das erste Mal in die Augen zu sehen, ist für die meisten Eltern ein ganz besonderer Moment. Doch während sich die Eltern alle winzig kleinen Details ihres Lieblings ganz genau anschauen, sieht das Neugeborene sein Gegenüber noch sehr unscharf und verschwommen. Denn das Sehen muss erst erlernt werden. Kinderärztin Dr. med. Snejzana Schütt
Kinderärztin
Dr. med. Snjezana-Maria Schütt ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Mutter von zwei Kindern. Nach ihrer Facharztausbildung an einer Universitätskinderklinik war sie in verschiedenen Bereichen der Kinderheilkunde tätig. Ihr Wissen und ihre Erfahrung im kinderärztlichen Bereich teilt sie auf ihrem Blog „die-kinderherztin” und klärt in den sozialen Medien über wichtige Bereiche der Kindergesundheit auf. Auch bei FamilienMomente steht sie Eltern bei pädiatrischen Fragen virtuell zur Seite.