Hausgeburt planen: Was Eltern wissen sollten
Wie eine Geburt in den eigenen vier Wänden ablaufen kann, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und was du sonst beachten solltest, erfährst du in diesem FamilienMoment.
✔️ in Zusammenarbeit mit Janis Schedlich
Was ist eine Hausgeburt?
Bei einer Hausgeburt gebärt die Frau ihr Baby nicht in einer Klinik, sondern im eigenen Zuhause. Anders als bei einer klinischen Geburt, bei der jederzeit Ärzte und medizinisches Gerät zur Verfügung stehen, wird die Hausgeburt in der Regel von ein bis zwei erfahrenen Hebammen begleitet.
Der Fokus liegt auf einer natürlichen, interventionsarmen Geburt in vertrauter Umgebung. Die Gebärende kann sich in ihrem eigenen Tempo bewegen, ihre Wunschposition einnehmen und wird in der Geborgenheit ihres Zuhauses begleitet – umgeben von vertrauten Personen und ohne die klinische Atmosphäre eines Krankenhauses. Dieses persönliche Umfeld kann das Sicherheitsgefühl und die Selbstbestimmung während der Geburt stärken.
Was muss man bei einer Hausgeburt beachten?
Wenn du dich für eine Hausgeburt interessierst, solltest du möglichst früh in der Schwangerschaft Kontakt zu einer Hebamme aufnehmen, die Hausgeburten begleitet. Mit ihr kannst du klären, ob diese Geburtsform für dich infrage kommt. Wichtig ist, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen bei Mutter und Kind stimmen. Sollten sich im Verlauf der Schwangerschaft Komplikationen entwickeln, kann der Geburtsplan jederzeit angepasst werden.
Wann ist eine Hausgeburt möglich?
Eine Hausgeburt ist grundsätzlich dann eine Option, wenn deine Schwangerschaft ohne erkennbare Risiken verläuft. Wie auch bei einer geplanten Geburt in der Klinik gilt für eine Hausgeburt: Nimm die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei deiner Hebamme und deinem Frauenarzt wahr. So wird deine Schwangerschaft eng begleitet und es kann frühzeitig abgeschätzt werden, ob während der Geburt ärztliche Hilfe notwendig sein könnte. Neben dem gesundheitlichen Zustand spielen auch praktische Aspekte eine Rolle, insbesondere die Wohnsituation. Ein ausreichend großer, ungestörter Raum mit angenehmer Atmosphäre unterstützt einen möglichst stressfreien und sicheren Geburtsverlauf.
Wann ist eine Hausgeburt nicht möglich?
Ausgeschlossen ist eine Hausgeburt, wenn Risikofaktoren vorliegen, die eine kontinuierliche medizinische Überwachung erfordern. Dazu gehören beispielsweise Mehrlingsschwangerschaften, eine Beckenendlage des Babys oder schwere gesundheitliche Einschränkungen der Schwangeren. Auch bei Schwangerschaftsdiabetes oder Komplikationen in früheren Geburten wird in der Regel von einer Hausgeburt abgeraten. Letztlich solltest du die Entscheidung im engen Austausch mit deiner Hebamme und unter Einhaltung gesetzlicher Regelungen treffen.
Gesetzliche Regelungen
Es gibt Vorgaben, die du bei einer Hausgeburt beachten musst.
Geburtsbegleitung durch eine Hebamme
Eine Geburt darf laut Paragraph 4 des Hebammengesetzes in Deutschland nur unter Begleitung einer Hebamme erfolgen. Die Hebamme führt eine Hausgeburt nur dann durch, wenn keine medizinischen Risiken vorliegen und eine entsprechende Betreuung möglich ist.
Freiberuflichkeit der Hebamme
Ausschließlich freiberufliche Hebammen dürfen Hausgeburten anbieten, angestellte Hebammen dürfen nur in ihrer jeweiligen Einrichtung arbeiten. Die Hebamme muss für außerklinische Geburten eine spezielle Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Diese ist teuer und limitiert die Zahl der Hausgeburtshebammen. Deshalb solltest du schon sehr früh in der Schwangerschaft eine Hebamme für Hausgeburten suchen und mit ihr in den Austausch gehen.
Rufbereitschaftsvereinbarung
Es gibt keine gesetzliche Pflicht, aber in der Praxis ist eine schriftliche Vereinbarung mit der Hebamme über eine Rufbereitschaft ab der 37. Schwangerschaftswoche üblich. Viele Krankenkassen erstatten einen Teil der Kosten, die sich abhängig von Region und Hebamme auf 250 bis 600 Euro belaufen. In der Regel übernehmen jedoch nur private Kassen die vollständigen Kosten.
Verlegungspflicht bei Risiken
Die Hebamme ist dafür ausgebildet, normale und natürliche Geburten zu begleiten und gleichzeitig frühzeitig zu erkennen, wenn etwas nicht wie erwartet verläuft. Sie behält die Situation stets im Blick und sorgt dafür, dass du dich gut aufgehoben fühlst.
Sollte sich während der Geburt zeigen, dass medizinische Unterstützung notwendig wird, etwa bei Wehenschwäche, anhaltenden Blutungen oder unerwarteter Beckenendlage, organisiert die Hebamme eine rechtzeitige Verlegung in eine Klinik. Auch in solchen Fällen stehen dein Wohlergehen und das deines Kindes im Mittelpunkt.
Dokumentationspflicht und Meldung
Wie bei jeder anderen Geburt dokumentiert die Hebamme auch bei der Hausgeburt den Geburtsverlauf lückenlos. Nach der Geburt gibt sie den Eltern die Geburtenmeldung, die diese wiederum beim Standesamt anmelden müssen.
Hausgeburt – eine Entscheidungshilfe
Wenn du dir vorstellen kannst, dass eine Hausgeburt deinen Wünschen, Vorstellungen und deinem eigenen Sicherheitsgefühl entspricht, setze dich frühzeitig und intensiv mit allen Möglichkeiten auseinander und lasse dich von deiner Hebamme beraten.
Vorteile einer Hausgeburt
Viele Frauen empfinden die Geburt zu Hause als besonders selbstbestimmt. Eine Hausgeburt kann außerdem folgende Vorteile haben:
- Die Frau befindet sich in vertrauter Umgebung, kann sich frei bewegen und die Geburtsposition selbst wählen. Das ist oft ein großer Vorteil für den natürlichen Geburtsverlauf.
- Hausgeburten werden intensiv vorbereitet und durch eine Eins-zu-eins-Betreuung begleitet. Das ist ein bedeutender Unterschied zur Geburt im Krankenhaus.
- Die betreuende Hebamme kennt die werdende Mutter im Falle einer Hausgeburt meist seit Beginn der Schwangerschaft. Diese gewachsene Beziehung und das gegenseitige Vertrauen tragen während der Geburt wesentlich zur Entspannung bei.
- Der natürlichen Gebärfähigkeit der Frau wird Vertrauen geschenkt. So wird zum Beispiel nicht vorschnell die Fruchtblase geöffnet, sondern dem natürlichen Verlauf Raum gegeben. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby selbstbestimmt und in optimaler Position den Weg durchs Becken findet – ohne unnötige Eingriffe in den Prozess.
Nachteile einer Hausgeburt
Auf der anderen Seite bringt eine Hausgeburt auch Risiken mit sich.
- Sollte es während der Geburt zu Komplikationen kommen, ist eine medizinische Versorgung nicht sofort verfügbar. Die notwendige Verlegung ins Krankenhaus kann wertvolle Zeit kosten.
- Organisatorisch ist eine Hausgeburt aufwendiger, beispielsweise muss der Geburtsraum ausgestattet und ein detaillierter Notfallplan erstellt werden. Diese Vorbereitungen können im entscheidenden Moment der Geburt Ruhe und Sicherheit geben.
Mehr Informationen zum Thema findest du auch in unserem FamilienMoment über den Geburtsort.
Den Ort, an dem eine Frau ihr Kind zur Welt bringt, darf jede Frau selbst wählen. Sie entscheidet selbstbestimmt. Sich sicher zu fühlen ist der wichtigste Geburtshelfer für einen komplikationsfreien Geburtsverlauf. Hebamme
Wie teuer ist eine Hausgeburt?
Wer sich für eine Geburt in den eigenen vier Wänden entscheidet, stellt sich früher oder später auch die Frage nach den Kosten. Was bezahlt die Krankenkasse und was musst du privat übernehmen? Hier findest du die wichtigsten Informationen auf einen Blick.
Wird eine Hausgeburt von der Krankenkasse bezahlt?
Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Hausgeburt, sofern diese von einer freiberuflichen Hebamme durchgeführt wird. Nicht übernommen wird allerdings die sogenannte Rufbereitschaftspauschale. Diese kann je nach Region und Hebamme zwischen 1.000 und 2.000 Euro variieren und ist für viele Hebammen Voraussetzung, um eine Hausgeburt überhaupt anbieten zu können. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen in der Regel 250 Euro dieser Rufbereitschaftspauschale. Am besten klärst du frühzeitig mit deiner Krankenkasse, welche Leistungen im Detail übernommen werden und welche nicht.
Wie läuft eine Hausgeburt ab?
Bereite eine Geburt zu Hause gut vor:
- Die Planung beginnt bereits bei der Wahl einer passenden Hebamme.
- Einen Notfallplan erstellst du gemeinsam mit deiner Hebamme, die dort alles dokumentiert.
- Je genauer du dich vorher mit der Geburt und den dazugehörigen Geburtsphasen auseinandersetzt, desto mehr Sicherheit und Orientierung hast du am Tag der Geburt.
- Bei der Vorbereitung kann dir auch ein entsprechender Geburtsvorbereitungskurs helfen.
- Etwa ab der 32. Schwangerschaftswoche solltest du beginnen, den organisatorischen Ablauf der Hausgeburt gezielt vorzubereiten. Dazu gehört nicht nur die Einrichtung eines ruhigen, sauberen Geburtsraumes mit ausreichend Platz und angenehmer Atmosphäre, sondern auch die enge Abstimmung mit deiner Hebamme: Besprecht, wie du den Beginn der Wehen erkennst, wann du sie benachrichtigst und alle anderen wichtigen Punkte, die dich beschäftigen.
Die Hebamme begleitet dich in diesem Prozess engmaschig und kommt später auch im Wochenbett täglich zu dir.
Welche Aufgaben übernimmt die Hebamme?
Die Hebamme ist vor, während und nach der Hausgeburt deine zentrale Begleitperson. Deshalb ist es besonders wichtig, dass du dich frühzeitig um eine passende Hebamme kümmerst, um mit ihr eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen zu können.
Wie früh muss ich mich um eine Hebamme bemühen?
Da freiberufliche Hebammen viele Anfragen erhalten, solltest du bereits kurz nach dem positiven Test und so früh wie möglich innerhalb des ersten Trimesters mit der Suche beginnen. Besonders bei einer geplanter Hausgeburt ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme notwendig, da nur wenige Hebammen diese Leistung anbieten und zusätzlich eine Rufbereitschaft ab der 37. Schwangerschaftswoche eingeplant werden muss. Noch mehr Informationen und wertvolle Tipps zur Hebammensuche gibt es auch in unserem Hebammen-Ratgeber.
Was macht die Hebamme vor, während und nach der Hausgeburt?
Deine Hebamme übernimmt unterschiedliche Aufgaben.
- In der Schwangerschaft übernimmt deine Hebamme bei einer geplanten Hausgeburt deutlich mehr Aufgaben als bei einer Geburt in der Klinik. Sie führt Vorsorgeuntersuchungen durch, erstellt zusammen mit dir einen Geburtsplan und überprüft zusätzlich zu den Untersuchungen beim Gynäkologen regelmäßig, ob deine medizinischen Voraussetzungen für eine sichere Geburt zu Hause weiterhin gegeben sind.
- Während der Geburt ist die Hebamme deine wichtigste Ansprechpartnerin. Anders als in der Klinik, wo häufig mehrere Fachkräfte beteiligt sind, betreut sie dich bei der Hausgeburt durchgehend persönlich – vom ersten Anruf bei Wehenbeginn bis nach der Nachgeburtsphase und in den Stunden danach sowie im Wochenbett. Sie behält deinen Geburtsverlauf im Blick, unterstützt dich in deiner gewählten Geburtsposition, hilft dir beim Atmen, Lagern und Entspannen und bleibt auch im Falle einer Verlegung in die Klinik an deiner Seite. Beachte allerdings: Sollte es zu der Verlegung kommen, übernimmt eine Kollegin aus der Klinik die weitere Betreuung der Geburtsleitung.
- Nach der Geburt kümmert sich die Hebamme um die Erstversorgung von Mutter und Kind. Im Wochenbett übernimmt sie weiterhin regelmäßige Hausbesuche, kontrolliert die Rückbildung, die Entwicklung des Babys und das Stillen – und steht dir mit Rat und Einfühlungsvermögen zur Seite. Gerade bei einer Hausgeburt ist sie damit eine besonders zentrale Begleitperson, die deine medizinische Betreuung und die emotionale Unterstützung eng miteinander verbindet.
Hausgeburten werden gut vorbereitet, eng begleitet und fachlich verantwortet. Wenn die Geburt in vertrauter Umgebung und mit einer kontinuierlich anwesenden Hebamme stattfindet, kann die Ruhe wirken, die zum Gebären nötig ist. Die Eins-zu-Eins-Betreuung durch die Hebamme senkt das Risiko von Komplikationen deutlich. Hebamme
Wochenbett nach der Hausgeburt
Das Wochenbett beginnt direkt nach der Ablösung der Plazenta. Bei einer Hausgeburt bedeutet das, dass du vom ersten Moment an in deinem vertrauten Zuhause bist. Du kannst dich in Ruhe erholen, dein Baby kennenlernen und wirst dabei weiterhin von deiner Hebamme begleitet.
In den ersten Tagen und Wochen finden regelmäßig Hausbesuche der Hebamme statt. Dabei kontrolliert sie die Rückbildung der Gebärmutter, das Stillen, das Gewicht des Babys und mögliche körperliche Beschwerden. Auch bei Fragen zur Hygiene und Ernährung steht sie dir zur Seite. Eine gute Vorbereitung, zum Beispiel mit einer praktischen Wochenbett-Checkliste, hilft dir, diese besondere Zeit entspannt zu genießen. Mehr Informationen und Tipps findest du in unserem FamilienMoment über das Wochenbett.
Hebamme
Seit über 30 Jahren ist Janis Schedlich examinierte Hebamme. Mit ihren zwei Kindern lebt sie in Berlin und arbeitet dort selbstständig. Sie begleitet werdende Eltern von der Schwangerschaft bis ins Wochenbett und steht ihnen als ganzheitliche Ansprechpartnerin zur Seite. Ihr umfassendes Fachwissen und ihre praktischen Erfahrungen aus der jahrelangen Hebammenarbeit teilt sie in unseren FamilienMomenten. Sie ist Buchautorin und informiert auf ihrem eigenen Instagram-Kanal über Schwangerschaft, Baby und Geburt.