Vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft
Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch, darunter viele Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch. Hier erfährst du, welche Vorteile und Risiken diese Ernährungsform mit sich bringt und worauf du während der Schwangerschaft achten solltest.
✔️ in Zusammenarbeit mit Dr. Alexa Iwan, Ernährungswissenschaftlerin
Empfehlungen für Schwangere, die sich vegetarisch ernähren
Sich während der Schwangerschaft vegetarisch zu ernähren, ist grundsätzlich möglich, denn durch den Konsum von Eiern, Milch und Milchprodukten werden alle wichtigen Nährstoffe zugeführt. Um zu gewährleisten, dass dein Baby und du in dieser wichtigen Zeit ausreichend versorgt seid, gibt es dennoch einige Punkte zu beachten.
Wichtige Nährstoffe bei vegetarischer Ernährung
Eine vegetarische Ernährung, die den Verzehr von Eiern und Milchprodukten beinhaltet, deckt in der Regel auch in der Schwangerschaft deinen Bedarf an den wichtigsten Nährstoffen ab. Ein ausgewogener und bewusst zusammengestellter Speiseplan ist dafür allerdings die grundlegende Voraussetzung. Auf einige kritische Nährstoffe solltest du in jedem Fall achtgeben:
- In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Jod, daher solltest du jodhaltige Lebensmittel wie jodiertes Speisesalz, Milch oder Milchprodukte zu dir nehmen. Eine zusätzliche Ergänzung solltest du im Bedarfsfall mit deinem Arzt besprechen. Das ist auch der Fall, wenn du unter einer Schilddrüsenüberfunktion oder Hashimoto leidest.
- Folsäure solltest du bereits mit Planung der Schwangerschaft als Nahrungsergänzungsmittel zuführen und das bis zum Ende des ersten Trimesters fortsetzen. Folsäure trägt zur Zellteilung und Blutbildung bei. Lebensmittel wie Grünkohl, Spinat, Erbsen und Weizenkeime enthalten sie.
- Docosahexaensäure, auch DHA genannt, ist eine lebenswichtige Omega-3-Fettsäure, die sich hauptsächlich in tierischen Produkten, vor allem in fettem Fisch findet. Die einzige pflanzliche Ausnahme, die für uns Menschen direkt verwertbares DHA enthält, stellen Mikroalgen dar, die die Fische fressen und aus denen das DHA ursprünglich stammt. Für Vegetarierinnen bietet sich deshalb die Einnahme von Algenöl an, diese sollte aber vorab mit dem Arzt besprochen werden.
- Eine prophylaktische Zufuhr von Eisen über Tabletten sollte nur nach nachgewiesener Unterversorgung und in medizinischer Rücksprache erfolgen. Um einem Defizit vorzubeugen, greife zu eisenhaltigen Lebensmitteln, zum Beispiel zu Hülsenfrüchten, Amaranth, Hirse, Pistazien und Kürbiskernen. Kombiniere diese mit Vitamin C-reichen Nahrungsmitteln. Vitamin C verbessert die Eisenaufnahme. Grundsätzlich wird Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln allerdings schlechter verwertet als Eisen aus tierischen Lebensmitteln.
- Vitamin B12 gehört zu den kritischen Nährstoffen, falls du dich schon vor der Schwangerschaft lange Zeit vegetarisch ernährt hast. Das Vitamin unterstützt die Entwicklung von Gehirn und Nerven deines kleinen Sonnenscheins und ist somit essenziell. Es steckt in Milchprodukten wie Käse und auch in Eiern.
- Zink ist vor allem in Rindfleisch und Käse enthalten. Es gibt aber auch einige rein pflanzliche Quellen: Als Vegetarierin kannst du das wichtige Spurenelement unter anderem über den Verzehr von Nüssen oder Hülsenfrüchten zuführen.
- Vitamin D kann – anders als viele andere Nährstoffe – von deinem Körper selbst gebildet werden. Die Voraussetzung dafür ist der Kontakt der Haut mit Sonnenlicht beziehungsweise UV-Licht. Gerade in der grauen und kalten Jahreszeit kommt es oft zu einer Unterversorgung, unabhängig von den Essgewohnheiten. Daher ist eine Nahrungsergänzung nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll.
Weitere Informationen über eine gesunde Ernährung in der Schwangerschaft findest du in unserem Ernährungsratgeber.
Welche Nahrungsergänzungsmittel können sinnvoll sein?
Um sicherzugehen, dass deine Essgewohnheiten keine Probleme für die Entwicklung deines kleinen Schatzes bedeuten, solltest du mit einem Ernährungsberater, deiner Hebamme oder deinem Gynäkologen Rücksprache halten, welche Nahrungsergänzungsmittel du in welcher Dosis zusätzlich einnehmen solltest. Sinnvolle Nährstoffpräparate können dabei laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung folgende sein:
- Um das Risiko für Fehlbildungen des zentralen Nervensystems bei deinem ungeborenen Baby zu verhindern, sollte bereits mindestens vier Wochen vor der Befruchtung der Eizelle damit begonnen werden, 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag zusätzlich zuzuführen.
- Um den Bedarf von durchschnittlich 200 Milligramm DHA pro Tag für Schwangere abzudecken, wird empfohlen, dies entweder durch Algen-Supplemente oder andere Ergänzungsmittel aufzunehmen.
- Auch bei Jod, Zink und Kalzium kann eine Supplementierung abhängig von der Versorgungslage und dem individuellen Speiseplan sinnvoll sein.
Vorsicht bei Vitamin A: Der Bedarf an diesem Vitamin ist in der Schwangerschaft nur geringfügig erhöht, da dein Körper es speichert. Eine Überdosierung kann diverse Komplikationen bei der Entwicklung deines Kindes hervorrufen. Nimm deshalb kein zusätzliches Vitamin A ein, sondern iss viel orange-rotes Obst und Gemüse wie Möhren, Tomaten und Mangos. Aus dem darin enthaltenen Beta-Carotin wird in deinem Körper ausreichend Vitamin A gebildet.
Welche Risiken gibt es bei vegetarischer Ernährung in der Schwangerschaft?
Obwohl es über eine ausgewogene vegetarische Ernährung in der Regel gut möglich ist, sowohl die Mutter als auch das Ungeborene mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen, gibt es gewisse Risiken und Nachteile, denen du dir bewusst sein solltest. Neben der Gefahr eines Nährstoffmangels beim Fötus, welcher mögliche Entwicklungsverzögerungen nach sich zieht, kann auch ein mögliches Untergewicht des ungeborenen Kindes zu einem Problem werden.
- Nährstoffmangel: Eine Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen über einen längeren Zeitraum kann schwere Folgen für dein Kind nach sich ziehen. Beispielsweise steigt bei einer zu geringen Zufuhr von DHA das Risiko einer Frühgeburt. Bei einem Mangel an Vitamin B12 kann es zu einer Blutarmut kommen sowie zu neurologischen Störungen bei deinem ungeborenen Schatz. Eine unzureichende Versorgung mit Folsäure steht im Zusammenhang mit einem schweren Entwicklungsdefekt im Frühstadium der Schwangerschaft, dem offenen Rücken.
- Untergewicht des Babys: Bei einigen Müttern, die während der Schwangerschaft ausschließlich vegetarisch gelebt haben, wurde festgestellt, dass ihre Babys mit einem geringeren Geburtsgewicht zur Welt kamen als Kinder von Frauen mit uneingeschränkter Ernährungsweise. Auch sind Säuglinge von vegetarisch lebenden Müttern bei gleicher Gestationszeit im Vergleich oftmals kleiner.
Risikominderung durch Unterstützung von Experten
Um die Risiken zu minieren, bietet es sich an, am besten schon vor dem Eintritt einer Schwangerschaft die Beratung von einem Arzt und einem Ernährungsberater in Anspruch zu nehmen.
- Blutuntersuchungen: Um das Risiko einer Unterversorgung zu vermeiden, ist es wichtig, dass du die Deckung deines Bedarfs regelmäßig überprüfen lässt. Im besten Falle solltest du bereits vor der Schwangerschaft, spätestens aber mit Beginn, regelmäßig deine Blutwerte bestimmen lassen. So erkennst du ein mögliches Defizit rechtzeitig und kannst diesem in Rücksprache mit deinem Arzt schnell entgegenwirken.
- Ernährungsberatung: Eine qualifizierte Ernährungsberatung vor und während deiner Schwangerschaft unterstützt dich darin, die richtigen Nährstofflieferanten in deine Mahlzeiten zu integrieren. So kannst du Empfehlungen vom Arzt bestmöglich umsetzen und für eine ausgewogene und gesunde Ernährung sorgen. Alle Nährstoffe, die du nicht durch natürliche Lebensmittel abdecken kannst, werden identifiziert und können nach der Beratung gezielt über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden. In Kombination mit regelmäßigen medizinischen Check-Ups bekommst du in deiner Schwangerschaft die optimale Unterstützung, um deine Ernährung für dich und dein Kind ganz bewusst anzugehen.
Welche Vorteile hat eine vegetarische Ernährungsweise?
Neben möglichen Risiken im Sinne einer Nährstoffunterversorgung bei vegetarischer Ernährung in der Schwangerschaft, gibt es auch einige positive Aspekte. Zum Beispiel nehmen Vegetarierinnen in der Regel während der neun Monate Schwangerschaft weniger zu als Normalköstlerinnen und haben ein niedrigeres Risiko für chronische Erkrankungen.
- niedrigeres Risiko für Übergewicht: Die eigene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist ein Thema, das viele Frauen beschäftigt. Die Ergebnisse einer 2017 durchgeführten Studie zeigen, dass schwangere Frauen, die sich ausschließlich auf pflanzlicher Basis ernähren, eine um 39 Prozent niedrigere Wahrscheinlichkeit für eine übermäßige Gewichtszunahme aufwiesen. Gleiches galt für Frauen, die während ihrer Schwangerschaft vegetarisch gelebt haben.
- niedrigeres Risiko für chronische Erkrankungen: Mit einer vegetarischen Ernährung lässt sich nicht nur Übergewicht vorbeugen, auch chronische Erkrankungen treten bei dieser Ernährungsform seltener auf. Der Verzicht auf Fleisch senkt wahrscheinlich das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen. Außerdem zeigt sich, dass Vegetarierinnen aufgrund ihres bewussten Lebensstils und der erhöhten Ballaststoffzufuhr weniger gefährdet für Diabetes Typ 2 und Bluthochdruck sind.
Tipps und Tricks für eine ausgewogene Ernährung
Um während der Schwangerschaft eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten, solltest du als Vegetarierin deine täglichen Mahlzeiten gut planen und strukturieren. Mache dich vor allem auch mit den verschiedenen Kombinationen pflanzlicher Lebensmittel vertraut, die dafür sorgen, dass die Nährstoffaufnahme verbessert wird.
Eine vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft ist überhaupt kein Problem, wenn du darauf achtest, ausreichend und abwechslungsreich zu essen. Stelle unbedingt eine ausreichende Eiweißzufuhr sicher, denn dein Baby möchte wachsen! Eine vegane Ernährung würde ich als Schwangere in Sinne meines Kindes überdenken und sicherheitshalber auf vegetarische Kost umstellen. Ernährungsexpertin Dr. Alexa Iwan
Vegetarische Rezepte für die Schwangerschaft
Es gibt viele leckere vegetarische Gerichte. Hier findest du Inspirationen für abwechslungsreiche Mahlzeiten, die du in deinen Speiseplan während der Schwangerschaft einbauen kannst.
Ernährungsexpertin
Dr. Alexa Iwan ist Ernährungswissenschaftlerin. Die erfahrene Expertin hat schon viele Menschen bei der Ernährungsumstellung begleitet. Die gesunde und bewusste Ernährung für die ganze Familie liegt ihr besonders am Herzen. In der Kolumne Die Besseresserin, der Videoserie Alexa coacht und in unseren FamilienMomenten zeigt sie, welche positive Wirkung bewusstes Essen haben kann. Ihre kreativen Rezepte stehen für eine leckere und ausgewogene Küche.