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Fair genug? Was Zertifizierungen bedeuten – und was sie bringen

Auf wen genau bezieht sich eigentlich die Gerechtigkeit bei entsprechend ausgezeichneten Produkten? Wer von Fairness-Siegeln wie profitiert, welche Zertifizierungen es überhaupt gibt und warum es Sinn macht, darauf zu achten: Nachhaltigkeits-Expertin Anna Schunck klärt auf.

Interview

Das Missverständnis: Ist Bio nicht automatisch auch fair?

Anna Schunck: Nein. Obwohl viele Konsumenten nachvollziehbarer Weise automatisch davon ausgehen, sind Bio-Produkte nicht unbedingt fair gehandelt – und nicht alle fairen Produkte sind biozertifiziert. Während bei vielen Lebensmitteln mit Bio-Siegel hauptsächlich ökologische Standards überprüft werden, geht es beim Stichwort „fair“ vor allem um Sozialstandards und Handelsbedingungen. Trotzdem beziehen die betreffenden Siegel zunehmend auch Umweltaspekte mit ein. So sind beispielsweise bei Fairtrade rund 30 Prozent aller Normen heute Umweltstandards. Nicht zuletzt auch, weil faire Anbaubedingungen sehr oft automatisch mit Umweltverträglichkeit, wie Wasser-, Boden- und Klimaschutz einhergehen und umgekehrt.

Die Notwendigkeit: Was wäre unfair und wofür ist eine Zertifizierung wichtig?

Anna Schunck: Während es bei uns in Deutschland und weiten Teilen Europas relativ normal ist, dass kleine Kinder nicht arbeiten müssen, eine gewisse Anzahl an Arbeitsstunden nicht überschritten wird, dass wir Pausen, Unfallversicherungen und Gewerkschaften haben, gibt es in diversen Schwellenländern nicht einmal einen Mindestlohn. Oft reicht ein Gehalt kaum für die Lebenshaltungskosten von Arbeitern, Kleinbauern und Bauern – geschweige denn für deren Familien.

Fairness bedeutet Gleichberechtigung für alle Menschen entlang der Herstellungs- oder Lieferkette – und was Arbeitsbedingungen und Bezahlung angeht, gibt es diese Gleichberechtigung global gesehen leider noch nicht. Nachhaltigkeits-Expertin Anna Schunck

Die Zertifizierung: Welche fairen Siegel gibt es – und wie unterscheiden sie sich?

Anna Schunck: Ein einheitliches Siegel für faire Produkte gibt es bisher nicht. Deshalb müssen wir, wenn wir fair einkaufen möchten, im Allgemeinen auf die gängigste und meistgenutzte Auszeichnung achten: das grün-schwarz-blaue Fairtrade-Siegel von Fairtrade International (FI). Komplett Fairtrade zertifiziert sind auch alle Inhaltsstoffe der Produkte, die das schneckenförmige Gepa-Zeichen tragen. Außerdem bietet auch das Bio-Siegel Naturland eine Extra-Auszeichnung mit dem knallgrünen Wort „fair“ im üblichen Zeichen für entsprechende Waren an.

Darüber hinaus gibt es zunehmend faire Eigenmarken, die das Fairtrade-Siegel tragen – oder produktspezifische Eigeninitiativen der Supermärkte. Kaufland engagiert sich beispielsweise als erster Lebensmitteleinzelhändler seit 2014 im Aktionsbündnis für nachhaltige Bananen (ABNB), einem Dialog- und Aktionsforum mit Produzenten, Verbrauchern- und Nichtregierungsorganisationen, Politik und Gewerkschaften. Das Ziel: entlang der gesamten Wertschöpfungskette Bananen nachhaltiger zu produzieren und so ökologische und soziale Verbesserungen im Anbau voranzutreiben. Das sogenannte Bananenbündnis wurde vom Verein Transfair angeregt, der in Deutschland das oben genannte Fairtrade-Siegel vergibt, das auch bei Kaufland ethisch gehandelte Produkte kennzeichnet.  

Die Verbreitung: Gelten die Siegel nur für Lebensmittel?

Anna Schunck: Praktischerweise kommen die oben genannten Zertifizierungen, im Gegensatz zu den gängigen Bio-Siegeln für Lebensmittel, auch auf verschiedenen anderen Produkten, wie beispielsweise Schnittblumen, vor. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings nicht, dass Artikel ohne diese Zeichen nicht trotzdem fair hergestellt und gehandelt wurden. Wer sichergehen oder tiefer eintauchen möchte, sollte grundsätzlich Wert auf Transparenz legen.

Das Geschummel: Gibt es auch weniger Gerechtes oder „Fake-Fair“?

Anna Schunck: Leider ja. Denn anders als „Bio“ ist der Begriff „fair“ in Bezug auf Lebensmittel nicht gesetzlich geschützt. Auch „aus fairem Handel“ kann im Zweifel auf jede x-beliebige Verpackung gedruckt werden. Für alle, denen Gerechtigkeit am Herzen liegt, ist es beim Einkauf also wichtig auf Siegel zu achten – oder sich mit etwas mehr Zeit zu Hause über Hersteller und Herstellungsbedingungen zu informieren.

Die Folgen: Bei welchen Produkten ist es besonders wichtig auf faire Siegel zu achten?

Anna Schunck: Am besten bei allen! Natürlich ist das aus verschiedenen Gründen nicht durchgehend und für jeden möglich. Immerhin: Fairtrade-Produkte unterscheiden sich mittlerweile preislich kaum noch von anderen (Marken-)Artikeln – insbesondere nicht im Supermarkt. Ein Muss sollte Fairtrade vor allem bei Lebensmitteln sein, die zwangsläufig in Schwellenländern hergestellt und von dort aus gehandelt werden. Dazu gehören unter anderem Kaffee, Schokolade, Bananen und andere Südfrüchte oder auch Non-Food-Materialien wie beispielsweise Baumwolle.


Über Anna Schunck

Nachhaltigkeits-Influencerin

Porträt Anna Schunck
© Michi Schunck

Anna Schunck, geboren 1981, ist freie Journalistin, Moderatorin, Menschenfreundin und Expertin für Nachhaltigkeit. Sie hat eine Tochter und lebt abwechselnd in Berlin und Brandenburg. Seit 2016 berichtet sie in ihrem Online-Magazin „Viertel \ Vor” mit Spaß und Stil über verschiedene Aspekte von Klima- und Ressourcenschutz.

Nebenbei betreibt sie diverse Podiumsdiskussionen über Fair Fashion, Zero Waste, Verkehrswende, Minimalismus sowie verschiedene Podcasts. Außerdem berät Anna verschiedene Marken, Unternehmen sowie Medien. Des Weiteren konzipiert und bearbeitet sie Text- sowie Bewegtbildinhalte und schreibt unabhängig für diverse Magazine wie stern.de, Brigitte, Emotion, Couch und Grazia.




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