Apfelwein: Das hessische „Nationalgetränk“
Wer in Hessen ist, kommt kaum umhin, sich ein Glas davon zu genehmigen: Ebbelwoi! Aber dann bitte aus dem Bembel und im Gerippten serviert. Was sich hinter diesen Begriffen versteckt und viele weitere Informationen rund um den Apfelwein, erfährst du hier!
Was ist Apfelwein?
Apfelwein, in hessischer Mundart Ebbelwoi oder liebevoll Stöffche beziehungsweise Stöffsche genannt, wird auch als Most, Apfelmost, saurer Most oder Äppler bezeichnet – je nachdem, wo man sich in Deutschland befindet. Auch unter dem Namen Viez ist er regional bekannt, dies leitet sich von römischem Begriff vice ab, was darauf hindeutet, dass Apfelwein zeitweise stellvertretend für Wein getrunken wurde. Am populärsten ist Apfelwein mit Abstand in Hessen: Im Jahr 2021 wurden in den Keltereien dort unglaubliche 27,5 Millionen Liter produziert. 2022 wurde die hessische Apfelweinkultur von der UNESCO sogar zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Der fünf- bis siebenprozentige Fruchtwein wird vorwiegend aus sauren Apfelsorten gekeltert. Das Ergebnis ähnelt geschmacklich Cidre und Cider, enthält jedoch im Gegensatz zu ihnen keine Kohlensäure.
Herkunft und Geschichte des Apfelweins
Alkoholische Getränke aus Äpfeln haben eine Tradition, die so weit zurückreicht, dass man ihren Ursprung nicht klar bestimmen kann.
Wo kommt Apfelwein ursprünglich her?
Historischen Schriften zufolge wurde Apfelwein bereits im antiken Griechenland und von den alten Römern getrunken. Dieses Getränk dürfte jedoch geschmacklich mit dem Apfelwein, so wie wir ihn heute kennen, wenig gemein gehabt haben. Wer genau zuerst die Idee hatte, Äpfel zu vergären, ist nicht nachvollziehbar, vielleicht war die Entwicklung reiner Zufall.
Apfelweinkultur in Hessen: Frankfurter Traditionsgetränk
Historischen Quellen zufolge begann die steile Karriere des Apfelweins in Hessen schon um das Jahr 1600. Zunächst war er vorwiegend in der weniger gut betuchten Gesellschaft verbreitet, die sich die beliebteren Getränke Wein und Bier nicht leisten konnte. Ebbelwoi konnte man mit einfachen Mitteln im eigenen Keller herstellen. Noch heute ist Hessen die Region, die mit Abstand die größte Apfelweinkultur besitzt, welche seit Kurzem sogar zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Trägt eine Flasche die markenrechtlich geschützte geografische Angabe „Hessischer Apfelwein“ bedeutet dies zwar nicht, dass dieser hessische Äpfel enthalten muss, wohl aber, dass entweder die Vergärung, Klärung oder die Abfüllung des Produkts im Bundesland stattgefunden haben muss. Anders sieht es mit dem Siegel „geprüfte Qualität – Hessen“ aus. Dieses garantiert, dass ausschließlich Obst aus Hessen verwendet wurde.
Wie wird Apfelwein hergestellt?
Mehr über die Herstellung von Apfelwein sowie die dafür verwendeten Apfelsorten erfährst du hier.
Aus welchen Apfelsorten wird Apfelwein hergestellt?
Vor allem herbe und saure Apfelsorten sowie Holzäpfel eignen sich für die Apfelweinkelterei, süß gezüchtete Tafeläpfel finden keine Verwendung. Außerdem kommen nur Äpfel infrage, die wenig Pektin enthalten, denn dieses wird beim Gären von der Hefe in giftiges Methanol umgewandelt. Ein schöner Nebeneffekt der Apfelweinproduktion besteht darin, dass viele alte Apfelsorten noch heute bekannt sind, die sonst lange in Vergessenheit geraten wären. Geeignete Sorten sind zum Beispiel Luiken, Bittenfelder, Wintergoldparmän, Weißer Matapfel, Viezapfel, Bohnapfel und Roter Trier.
Saison für die Apfelernte
Wie der Tafelapfel, so wird auch der Apfel für den Wein im Herbst geerntet – je nach Sorte und Region ein paar Wochen früher oder später.
Herstellungsprozess des Apfelweins
Die geernteten Äpfel werden verlesen, faules Obst aussortiert, das gute gewaschen und über die Transportschnecke in die Apfelmühle befördert. Diese zerkleinert die Früchte dann zu grober Maische, in der Mostpresse wird der naturtrübe Direktsaft aus der Maische gepresst. In großen Stahltanks hat der Apfelsaft dann rund vier Wochen Zeit, um zu gären: Das bedeutet, der Fruchtzucker wird durch Hefe in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt. Die Hefe setzt sich am Boden der Tanks ab, der Apfelwein wird „abgestochen“. Die Kohlensäure lässt man, anders als bei der Cider- oder Cidre-Herstellung, entweichen. Nun kann er entweder naturtrüb abgefüllt werden, oder aber man klärt ihn noch. Für die Klärung kam vor allem früher Speierling zum Einsatz, heute wird geklärter Apfelwein häufig auch dann Speierling genannt, wenn die Frucht damit gar nicht in Berührung kam.
Apfelwein: Alkoholgehalt & Kalorien
Für gewöhnlich enthält Apfelwein fünf bis sieben Prozent Alkohol. Mit circa 32 Kalorien pro 100 Milliliter hat er deutlich weniger Kalorien als Weißwein (80-100 kcal), Rotwein (60-80 kcal) und etwas weniger als Bier (circa 40 kcal).
Lebensmittelrechtliche Anforderungen an Apfelwein
Laut Lebensmittelrecht zählt Apfelwein, wie Cidre und Co., zur Kategorie der „weinähnlichen Getränke“. Das Besondere: Diese fallen nicht unter das Weinrecht, sondern unter die allgemeinen Vorschriften des Lebensmittelrechts. Damit keiner die weinähnlichen Getränke mit Wein verwechseln kann, darf das Wort „Wein“ auch nur in Kombination mit der Ausgangsfrucht auf der Flasche stehen: Apfelwein. „Wein aus Äpfeln“ wäre nicht zulässig.
Unterschiede: Apfelwein, Cidre und Cider
Je länger Apfelsaft reifen und gären kann, desto mehr Alkohol entsteht. Und so sind verschiedene Länder für ihre ganz unterschiedlichen Versionen des Apfelweins bekannt.
Apfelwein aus Frankreich: Cidre
Feine Äpfel, oft mit fruchtigem Aroma, werden für den französischen Apfelwein vergoren, und zwar nur relativ kurz. Das erklärt auch, warum französischer Cidre weniger Volumen hat, nämlich zwei bis vier. Traditionell wird Cidre, den es in einer süßen und einer trockenen Variante gibt und immer Kohlensäure enthält, aus kleinen Keramiktassen getrunken. Übrigens: Der beliebte Apfelbranntwein „Calvados“ aus der gleichnamigen Region in der Normandie ist quasi eine Weiterentwicklung des Cidres. Er wird hergestellt, indem man Cidre zwei Jahre lagert und dann destilliert.
Apfelwein aus England: Cider
In Großbritannien und Irland wird Cider wie Bier im Pub im Pintglas serviert und erfreut sich größter Beliebtheit. Dort schmeckt der Cider oft süßer und hat einen leicht höheren Alkoholgehalt, nämlich um die fünf Prozent, was an der längeren Gärzeit liegt. Auch diese Version des Apfelweins enthält Kohlensäure.
Apfelwein aus Spanien: Sidra
Die nordspanische Version des Apfelweins wird traditionell aus großer Höhe eingeschenkt. Das sieht nicht nur toll aus, sondern sorgt auch für das nötige Prickeln, denn der Sidra sollte deshalb sofort nach dem Einschenken getrunken werden. Im Herbst werden die kleinen, sauren bis herben spanischen Äpfel geerntet. Der Saft reift dann in den Wintermonaten in Kastanienfässern. Sidra enthält für gewöhnlich viereinhalb Prozent Alkohol.
Wie trinkt man Apfelwein richtig?
Das Glas, aus dem Apfelwein getrunken wird, nennt man Geripptes. Es fasst traditionell 0,3 Liter und zeichnet sich durch sein charakteristisches Rautenmuster aus. Dieses kommt vermutlich noch aus einer Zeit, in der man mit den Händen aß: Dank der Rauten rutscht einem das Gerippte nicht so schnell durch die fettigen Finger wie ein normales Glas. Der blaugraue Steinkrug, in welchem größere Mengen Apfelwein serviert werden, nennt sich Bembel.
So kannst du Apfelwein zubereiten
Heiß, kalt, pur oder gemischt – es gibt viele Arten, Apfelwein zu genießen. Finde heraus, was dir am besten schmeckt!
Heißer Apfelwein
Statt Glühwein kannst du im Winter auch mal heißen Apfelwein probieren, das schmeckt herrlich säuerlich. Dafür einfach den Apfelwein erhitzen, jedoch nicht zu heiß, denn sonst verdampft der Alkohol, und nach Belieben mit Zimt, Honig und Orangenscheiben verfeinern.
Apfelwein als Mischgetränk
Apfelwein kann man in Hessen sowohl in der süß- als auch in der sauergespritzten Version bestellen, also gemischt mit Mineralwasser oder Limonade. Das Bestellen der süßen Variante wurde früher von den Gastwirten und den Hessen jedoch oft als Affront aufgefasst, heute sieht man es etwas entspannter. Auch Bowle kannst du mit Apfelwein herstellen. Ein Rezept dafür findest du weiter unten. Umgangssprachlich nennt man Mischgetränke mit Apfelwein in Frankfurt und Umgebung auch Äppler.